
Sozialpsychologe Welzer: Corona-Krise bietet auch Chancen
13. März 2020
Die Corona-Krise bietet aus Sicht des Sozialpsychologen Harald Welzer auch große Chancen für die Gesellschaft. Er spricht von einer "Lerngeschichte".
Hannover (epd). "Wir sind in einer Situation, in der etwas geschehen ist, das fast alle Routinen und den Normalbetrieb unterbricht", sagte Welzer der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" (Freitag). Daraus könne eine "Lerngeschichte" werden. Die Krise lehre unter anderem, dass jederzeit etwas passieren könne, mit dem vorher keiner gerechnet habe.
"Das Interessante bei Corona ist, dass es sehr tief in das Alltagsgeschehen eingreift", sagte der Sozialpsychologe und Zukunftsforscher. Er begrüßte es, dass nun soziale Initiativen entstünden, wenn sich Nachbarn etwa verstärkt um ältere Menschen kümmerten oder Spieleabende für die Hausgemeinschaft organisierten.
Gefahr egoistischer Phänomene
Auf der anderen Seite gebe es die Gefahr des sozialen Rückzugs oder egoistische Phänomene, wenn etwa in den Krankenhäusern alle Desinfektionsmittel gestohlen würden. Es werde sich zeigen, welche Tendenz sich durchsetze.
Im Blick auf die Wirtschaft mit ihren globalen Lieferketten sagte Welzer: "Man lernt jetzt, wie unfassbar abhängig das normale Funktionieren unserer Gesellschaft von sehr schwachen Faktoren ist." Globalisierung bedeute auch eine erhöhte Verletzlichkeit. Die Krise werfe die Frage auf, "ob man weiterhin dauernd durch die Gegend fliegen muss oder ob es ein Leben ohne Kreuzfahrt gibt". Welzer ist Mitbegründer und Direktor der gemeinnützigen Stiftung "Futurzwei" in Potsdam. Er lehrt als Professor in Flensburg.
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Matthäus53, 13. März 2020, 17:35 Uhr
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