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Präses Kurschus: Reformation ist mehr als Luther
17. Oktober 2017
Die stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, hat sich kritisch zur starken Fokussierung auf die Person Martin Luthers (1483-1546) im Jahr des 500. Reformationsjubiläums geäußert.
Bielefeld (epd). Darunter habe hier und da das "genuin Protestantische" gelitten, sagte die westfälische Präses in Bielefeld dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Reformation ist mehr als Martin Luther." Sie reiche auch in ihren Ursprüngen weit über Deutschland und Europa hinaus. Im Jahr 1517 hatte Luther 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht. Der legendäre Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation.
"Hoch aktuelle Impulse"
Insgesamt wertet die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen die zahlreichen Veranstaltungen im Jubiläumsjahr aber als großen Gewinn für Kirche und Gesellschaft. Es sei deutlich geworden, wie viele Impulse aus der Reformation hoch aktuell und hilfreich seien für die Herausforderungen der Gegenwart, sagte die 54-Jährige. Auch Menschen, die nicht zur kirchlichen Kerngemeinde gehören, seien mit ihren Lebensthemen erreicht worden.
Zum ersten Mal sei es zudem gelungen, ein Reformationsjubiläum nicht in Abgrenzung zur katholischen Kirche zu feiern, sondern mit starken ökumenischen Akzenten, betonte die stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende. "Das wird Folgen für das weitere Miteinander unserer Kirchen haben und war insofern ein unentbehrlicher Akzent dieses Feier-Jahres."
"Mutiges Experiment"
Als hausgemacht bezeichnete Kurschus die Enttäuschung über unerwartet niedrige Besucherzahlen bei der Weltausstellung Reformation in Wittenberg und bei den "Kirchentagen auf dem Weg" Ende Mai. "Mit den Erwartungen riesiger Besucherzahlen haben wir uns selbst eine Falle gestellt", räumte die westfälische Präses ein. Allerdings habe niemand Erfahrung mit einem Jubiläum von solch herausragender Bedeutung und in den geplanten Dimensionen gehabt. "Das Ganze war in vieler Hinsicht ein mutiges Experiment", sagte Kurschus. "Auch im Nachhinein bin ich froh, dass wir es gewagt haben."
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Leser-Kommentare öffnen
Schallblech, 17. Oktober 2017, 11:50 Uhr
In der Landessprache predigen, die Bibel übersetzen, die Verfehlungen der Kirche anprangern, das war nicht neu, das gab es alles vor 1517 schon. Warum ausgerechnet Luther zur Leitfigur wurde? Wer mag das beantworten. Die Hammerschläge dürften Legende sein. Vielleicht ist er am überzeugensten aufgetreten? Vielleicht hatte er auch die mächtigsten Beschützer und Förderer?
Zumindest haben wir hier ein genaues Datum, das wir feiern können, und das ist doch gut so. Vergessen sollten wir aber seine Vorläufer und Mitstreiter nicht!
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Atlantica, 17. Oktober 2017, 15:27 Uhr
seit einiger Zeit nicht mehr; zu drastisch die Enthüllung seiner "Schattenseiten", wie so oft zu lesen war!
Ich habe mir aber gewünscht, dass Kirche die Chance ergreift, Luther trotz seiner Schattenseiten gerecht zu werden (ich behaupte nicht direkt, dass es nicht so ist). Aber es wird jetzt immer gesagt: Luther ist ja gar nicht so wichtig und vom Kirchentag hätte man ihn ausladen müssen...
Ich fürchte, das führt zu einer Zersplitterung. Ich habe Wittenberg mit klarem Bezug zu Luther erlebt als "genuin protestantisch". Es bliebe ansonsten ja auch nur noch Thomas Müntzer übrig. Abgesehen von der Ref. Kirche und Johannes Calvin. Also: Luther ist die Hauptperson.
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