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Warnungen vor Ausgrenzungen und Nationalismus
25. September 2017
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bedford-Strohm, sieht im Wahlerfolg der AfD einen "Weckruf". Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Marx, warnt in einem Gottesdienst vor Nationalismus.
Frankfurt a.M. (epd). Spitzenrepräsentanten von Kirchen und Religionsgemeinschaften in Deutschland haben sich besorgt über den Einzug der AfD in den Bundestag geäußert. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, wertete das gute Abschneiden der Partei als "Weckruf für alle, denen das friedliche und solidarische Miteinander in einem weltoffenen Deutschland am Herzen liegt". Ausgrenzende und hasserfüllte Stimmen dürften "nicht das Leben in unserem Land vergiften", sagte Bedford-Strohm am Montag in Hannover. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, warnte bereits am Wahlabend in einem Gottesdienst vor wachsendem Nationalismus.
Bei der Bundestagswahl am Sonntag erhielt die AfD 12,6 Prozent der Zweitstimmen und gewann drei Direktmandate. Im neuen Parlament wird sie mit 94 Abgeordneten drittstärkste Kraft sein.
Konstruktiv einbringen
Bedford-Strohm betonte, es bleibe abzuwarten, "ob eine zerrissene Partei wie die AfD es schafft, sich konstruktiv in den parlamentarischen Arbeitsprozess auf Bundesebene einzubringen und eine Trennlinie zu den radikalen Rechtsaußen-Kräften in der Partei einzuziehen". Kardinal Marx forderte am Sonntagabend bei einem Gottesdienst im Münchner Liebfrauendom, "dass wir uns nicht von den neuen Versuchungen verführen lassen, die in Europa, auch in unserem Land, wieder beginnen: 'Unsere Nation zuerst! Wir zuerst!'" So habe jeder Krieg begonnen.
Am Montag sagt Marx in Fulda: "Deutschland dreht sich nicht nur um eine Partei." Sechs politische Lager würden künftig im Bundestag miteinander streiten. Der Blick solle auf die Lösung von Problemen gerichtet werden, forderte der Münchner Erzbischof vor Beginn der Herbst-Vollversammlung der deutschen Bischöfe.
Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, plädierte für harte, aber faire Auseinandersetzungen mit der AfD im künftigen Bundestag. Auch "als evangelische Kirche werden wir uns deutlich mit den Positionen der AfD auseinandersetzen", sagte Dröge dem Evangelischen Pressedienst (epd). Gleichzeitig kündigte er an, die Kirche werde intensiv das Gespräch mit denjenigen suchen, deren Ängste so groß seien, dass sie für die scheinbar so einfachen Lösungen der AfD auf komplexe Fragen ansprechbar seien.
Sachsens evangelischer Landesbischof Carsten Rentzing rief angesichts des starken Abschneidens der AfD im Freistaat alle Parteien zum Dialog auf. Im Sinne des Gemeinwohls erhoffe er Gesprächsbereitschaft aller Abgeordneten im Bundestag, sagte Rentzing dem epd. Damit verbinde er die Hoffnung, "dass sich die ausgleichenden und staatstragenden Kräfte in Parlament und Regierung zusammenfinden". In Sachsen war die AfD am Sonntag stärkste Kraft knapp vor der CDU geworden und hatte dort die drei Direktmandate gewonnen.
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Paperback, 25. September 2017, 11:56 Uhr
Das wäre vermeidbar gewesen, hätten sich etwa unsere Kirchen und andere wichtige gesellschaftliche Gruppierungen in der gleichen Weise um Benachteiligte in unserer Gesellschaft gekümmert, wie sie es bei den Migranten taten.
Das hat man versäumt. Jetzt schlagen diese Versäumnisse in Form der Wahlergebnisse zurück und die selbsternannte Elite reagiert verstört. Wenn in einem Landeshaushalt von etwas über 21 Mrd. €uro 4.5 Milliarden für die Migrantenarbeit bereitgestellt werden, während man gleichzeitig andere Leistungen kürzt, Schulen verkommen, weil angeblich kein Geld da ist, muss man sich nicht wundern, dass der Wähler reagiert.
Wenn verarmte Zeitgenossen in Mülltonnen nach Essbarem suchen, in Geschäften um abgelaufene Lebensmittel betteln müssen, schreit das zum Himmel. Die Armut ist nicht erst seit gestern sichtbar.
Hätte man dem Volk aufs Maul geschaut, gehört und ernstgenommen, was die Menschen in Deutschland bedrückt, die Dinge wären anders gelaufen.
Jetzt müssen sie die Suppe auslöffeln, und ich stehe nicht an, um zu sagen, dass mich Schadenfreude überkommt. Die soziale Spaltung der Gesellschaft ist nicht neu, sondern hat sich über Jahrzehnte entwickelt. Da wäre schon lange ein Machtwort unserer Kirchen fällig gewesen.
Damit keine falschen Vermutungen aufkommen: Ich habe SPD gewählt, wollte ich doch nicht, dass der Abstand zwischen Union und SPD zu groß wird.
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