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Weckruf
Hilfeleistung
Von Annemarie Heibrock | 20. September 2017
Die Medien waren voll von moralischer Empörung. Und in der Tat: Es braucht schon ein großes Maß an Kaltschnäuzigkeit, um über einen hilflos am Boden liegenden alten Mann hinwegzusteigen und dann seine Bankgeschäfte zu erledigen. Insofern ist das Urteil wegen unterlassener Hilfeleistung, das jetzt in Essen ergangen ist, sicherlich nachvollziehbar und richtig.
Dennoch ist es wohlfeil, sich über die Täter zu entrüsten. Wer kennt das nicht? Man hat den Kopf voll mit seinen eigenen Geschäften, mit seinem Terminplan, seinen Problemen. Da passt ein Bettler an der Straße oder der Gehbehinderte, der vielleicht einen Arm benötigt, um die hohe Bordsteinkante zu überwinden, gerade nicht in den Plan. Was also tun wir? Wir schauen weg.
In diesem Sinne ist das Urteil von Essen auch ein Weckruf an uns alle, den Blick nicht abzuwenden, wenn jemand Hilfe nötig hat. Weil auch wir jederzeit in eine solche Lage geraten können. Und weil es – schlicht und einfach – die Menschlichkeit gebietet. Die Geschichte vom barmherzigen Samariter zeigt, wie‘s geht.
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Leser-Kommentare öffnen
Alwite, 20. Oktober 2017, 7:40 Uhr
Was mag Menschlichkeit sein? Mathias Claudius gab seinem 16jährigen Sohn einen Brief auf den Weg:
http://gutenberg.spiegel.de/buch/an-meinen-sohn-johannes-5207/1
Furcht vor Strafe - als Weckruf überschrieben.
Mein Gott, du hast uns mit der Bandbreite aller Möglichkeiten ausgestattet. Warum widerstehen wir der Ehrfurcht vor der Zuwendung und wählen, obwohl wir in ihr doch Erfüllung finden, das Gegenteil?
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