
Helle Wohnung gesucht
Andacht
Achim Reinstädtler | 3. Juli 2016
Über den Predigttext zum 6. Sonntag nach Trinitatis: Römer 6,3-8
Predigttext
3 Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? 4 So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln. 5 Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleich geworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein. 6 Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, sodass wir hinfort der Sünde nicht dienen. 7 Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. 8 Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden.
Kinder lassen sich nicht gerne in den Keller schicken. Schon gar nicht abends. Ich wenigstens lief, wenn es denn unbedingt sein musste, die Kellertreppe beherzt hinunter, mit mir selber ein halblautes Gespräch führend um die Angst vor der Dunkelheit an der kurzen Leine zu halten. Als Kind wusste ich nicht, was schlimmer war: mich umzudrehen, um das unsichtbare Grauen fixieren zu können oder es bloß hinter meinem Rücken zu spüren. Aber spätestens auf dem Rückweg hatte sie mich, die Panik. Dann flog ich förmlich die Treppen hoch, um wieder in die Wohnungs-Sicherheit hineintauchen zu können.
Was immer ich dort unten vermutete, es war dunkel, gefährlich, lauernd, namenlos – einfach grässlich. Es sei denn – ja es sei denn, meine Mutter ging mit. Dann war ich mutig, lässig, „erwachsen“, interessiert an allem, was sich sonst noch im Keller finden ließe. Kein Gedanke an Panik.
Lebensweg kellerab-kellerauf
Einen Lebensweg mit Jesus skizziert Paulus in den Versen aus dem Römerbrief. Und er skizziert es als eine Art besonderen Kellerabstieg und Kelleraufstieg. Das, was da unten lauert, hat bei ihm einen Namen: „Tod“. Manchmal vor uns als etwas, was uns anstarrt, manchmal als etwas, was hinterrücks lauert – beides gleichermaßen Grund zum Schrecken. Aber am Schluss steht die Hoffnung, in eine eigene und helle Lebenswohnung zu finden. Alles, was wir aus dem zweiten Artikel des Glaubensbekenntnisses kennen, der ganze Weg Jesu durch Leben, Sterben und Auferstehen – sozusagen ein Lebensweg kellerab-kellerauf. Unser Lebensweg, sagt Paulus.
Es ist ein Jesusbild, was Paulus uns schildert. Und es ist auch ein Lebensbild, das er uns anbietet. Wir bekennen unseren Glauben und wir bekennen uns zu einem Leben, das sich sozusagen im Treppenhaus, und das heißt auch auf der Kellertreppe auskennt – in beide Richtungen. Was ist nun der Nutzen, den wir davon haben?
Ich glaube, der erste Nutzen ist schon genannt: Wir kennen uns aus. Wir kennen uns aus bei uns selbst, auch in dem, was unser Leben in Panik bringt, ins Stocken, in das Starren ins Dunkel. Und es nutzt nichts, dies zu leugnen. Denn „In den Tod Jesu getauft sein“: Das ist das ganze Paket des Lebens. Alle Bilder, auch die von Angst, Zaudern und Scheitern gehören dazu.
Der zweite Nutzen: Wir üben uns darin, die Hand Jesu zu ergreifen. Wir üben uns, an der Hand Jesu zu gehen. Das ist eigentlich so einfach, wie es für mich früher einfach war, wenn meine Mutter mit runterging. Vielleicht ist Glauben lernen nichts anderes als genau das: lernen, sich an die Hand nehmen zu lassen. Lernen, wie es sich anfühlt, an der Hand Jesu zu gehen. Kellerab und kellerauf.
Lernen, sich an die Hand nehmen zu lassen
Und der dritte Nutzen: Wo immer ich mich befinde auf meinem Lebensweg, ich bin immer auch auf den Spuren Jesu. Der kennt sich aus auf der Lebenstreppe. Das ist diese seltsame Geschichte: Man weiß nie so recht, wer hier wem folgt. Folge ich im Glauben Jesus oder folgt Jesus eigentlich immer schon mir, oder hat er den Weg so berechnet, dass ich immer auf seinen Spuren bin? Vielleicht ist es gar nicht wichtig, sich auf eine Antwort festzulegen. Viel wichtiger ist, dass wir uns auf der Lebenstreppe begegnen und die Angst weniger wird.
Man könnte es im Gottesdienst beim gemeinsamen Glaubensbekenntnis ja einmal versuchen: beim Sprechen darüber nachzudenken, wo ich ihm gerade begegne („gekreuzigt, gestorben und begraben …“): auf dem Weg nach unten oder nach oben („auferstanden von den Toten …). Und wohin ich mir wünsche, dass er mich mitnimmt („… zur Rechten Gottes des Vaters …“).
Gebet: Lieber Vater, wir danken dir, dass du uns Jesus an die Seite gegeben hast. Er ist unser Weggefährte auf dem gewaltigen Weg in den Tod und aus ihm heraus in das Leben. Hilf uns, uns an ihn zu halten, wenn wir über unsere Wege und Abwege grübeln, und lass uns das Vertrauen finden, uns von ihm an die Hand nehmen zu lassen. Amen.
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