
Wenn der Glaube krank macht
Studie
Eine neue Studie der Universität Zürich und der Ruhr-Universität Bochum mit 328 Kirchgängern als Probanden weist darauf hin, dass ein starker Glauben noch kein Garant für Gesundheit und Wohlbefinden ist.
Entscheidend sei, welche Rolle man Gott zuweise - die des gütigen oder die des strafenden Gottes. Wer ein negatives Gottesbild habe, also etwa in Krankheiten eine Strafe Gottes sehe, bei dem könnten sich nach Ansicht der Forscher Depressionen und Angstzustände verstärken. ## Wer Gott hingegen als einen gütigen und vergebenden Vater ansehe, dem könne der Glauben in einer schweren Situation durchaus als Stütze dienen. Spiritualität und Gottesbild beachten Bernd Krämer, Oberarzt des Universitätsspitals Zürich und Mitverfasser der Studie, fordert deshalb, dass der Spiritualität und dem Gottesbild bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen mehr Beachtung geschenkt werden müsse. Drohende Gottesbilder kommen nicht nur in den christlichen Sondergemeinschaften vor. In einer aufwändigen Untersuchung von knapp 600 Katholiken stieß Karl Frielingsdorf bei der Mehrzahl seiner Probanden auf »dämonische Gottesbilder« (Mainz 2001), die vor allem durch die Überlagerung mit negativen Vaterbildern entstanden waren. Aber auch im protestantischen und freikirchlichen Bereich sieht das vermutlich nicht viel besser aus, worauf die spärlichen Untersuchungen hindeuten (Andreas von Heyl: Zwischen Burnout und spiritueller Erneuerung, Frankfurt 2003; Samuel Pfeifer: Glaubensvergiftung - ein Mythos? Moers 1993). Hilfsangebote rar Seitens der Kirchen gibt es vereinzelt Einrichtungen, die geistliche Begleitung und psychotherapeutische Hilfen für Betroffene bereitstellen, etwa das Haus Recollectio in Münsterschwarzach oder das Haus Respiratio auf dem Schwanberg. Aber die Konkurrenz schläft nicht: Ende 2008 hat die Fachklinik Heiligenfeld aus Bad Kissingen gezielt kirchliche Mitarbeiter angeschrieben. Mit ausführlichen Prospekten wird das besondere, »integrative Behandlungskonzept für Menschen im kirchlichen Dienst« vorgestellt: »Viele Geistliche haben einen Terminkalender wie ein Topmanager, müssen ständig präsent sein ... Hinzu kommt die tiefe Enttäuschung darüber, dass immer weniger Menschen sich ihres Glaubens bekennen und die Gottesdienste besuchen ... Die vornehmste Zielsetzung der Parkklinik Heiligenfeld ist, den ihr anvertrauten Menschen einen Zugang zu ihrem innersten Wesenskern zu eröffnen, damit es über diesen Weg zu einem »re-ligare«, einer Wiederbelebung des Gottesbezuges in ihnen kommt.« Ganzheitlich spiritueller Ansatz Die transpersonale Ausrichtung der Klinik mit ihrem Meditations- und Kontemplationsangebot sowie dem ganzheitlich spirituellen Ansatz hat bereits viele Menschen aus geistlichen Berufen in unsere Klinik geführt, die mit neu entfachter Begeisterung in ihr Wirkungsfeld zurückkehren konnten". Die Privatklinik kann ausgezeichnete Referenzen und einen guten Ruf vorweisen. Allerdings hängt es sehr von den persönlichen Voraussetzungen ab, ob die Reflexion des eigenen Gottesbildes und eine mögliche Neuausrichtung eher in einem vertrauten geistlichen Umfeld oder in Rahmen religiöser Pluralität und Indifferenz gelingen kann. Michael Utsch - EZW